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Profaner Schönheitsdienst (Tate Modern)

London, 2002

Worshiping Beauty in Worldly Service (Tate Modern)
de schoonheid aanbidden in een profane kerkdienst
(Tate Modern)

80 x 120 cibachrome/dibond/perspex
euro 2500
currently at Shell, Amsterdam
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Profaner Schönheitsdienst ?

Die ältesten Kunstwerke sind, wie wir wissen, im Dienst eines Rituals entstanden, zuerst eines magischen, dann eines religiösen. Es ist nun von entscheidender Bedeutung, dass diese auratische Daseinsweise des Kunstwerks niemals durchaus von seiner Ritualfunktion sich löst . Mit anderen Worten: Der einzigartige Wert des »echten« Kunstwerks hat seine Fundierung im Ritual, in dem es seinen originären und ersten Gebrauchswert hatte. Diese mag so vermittelt sein wie sie will, sie ist auch noch in den profansten Formen des Schönheitsdienstes als säkularisiertes Ritual erkennbar. Der profane Schönheitsdienst, der sich mit der Renaissance herausbildet, um für drei Jahrhunderte in geltung zu bleiben, lässt nach Ablauf dieser Frist bei der ersten schweren Erschütterung, von der er betroffen wurde, jene Fundamente deutlich erkennen. Als nämlich mit dem Aufkommen des ersten wirklich revolutionären Reproduktionsmittels, der Photographie (gleichzeitig mit dem Anbruch des Sozialismus) die Kunst das Nahen der Krise spürt, die nach weiteren hundert Jahren unverkennbar geworden ist , reagierte sie mit der lehre vom l'art pour l'art, die eine Theologie der Kunst ist. Aus ihr ist dann weiterhin geradezu eine negative Theologie in Gestalt der Idee einer >reinen< Kunst hervorgegangen, die nicht nur jede soziale Funktion sondern auch jede Bestimmung durch eigenen gegenständlichen Vorwurf ablehnt. (In der Dichtung hat Mallarmé als erster diesen standort erreicht.)
Diese Zusammenhänge zu ihrem Recht kommen zu lassen, ist unerlässlich für eine Betrachtung, die es mit dem Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit zu tun hat. Denn sie bereiten die Erkenntnis, die hier entscheidend ist, vor: die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerks emanzipiert dieses zum ersten Mal in der Weltgeschichte von seinem parasitären Dasein am Ritual. Das reproduzierte Kunstwerk wird in immer steigendem Masse die reproduktion eines auf Reproduzierbarkeit angelegten Kunstwerks. Von der photographischen Platte z.B. ist eine Vielheit von Abzügen möglich; die Frage nach dem echten Abzug hat keinen Sinn. In dem Augenblick aber, da der Echtheit an der Kunstproduktion versagt, hat sich auch die gesamte soziale Funktion der Kunst umgewälzt. An die Stelle ihrer Fundierung aufs Ritual tritt ihre Fundierung auf eine andere Praxis: nämlich ihre Fundierung auf Politik.

Walter Benjamin, in Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit.
also in the show at Shell:
- my fingers in der Körperteil im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
- my hands in photo ikebana
- more hands in punctum from the dreamtime

- the glass cases

Tempus Fluit
(boy with melting ice - a photo about time)
Edition Suhrkamp, Nr.28, Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
 
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